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19.03.2013: Bundesverfassungsgericht rügt langjährige Gerichtspraxis der "Deals"Im Zusammenhang mit vier Individualbeschwerden gegen konkrete Urteile hat das Bundesverfassungsgericht zwar die verfassungsgemäße rechtliche Regelung der Möglichkeiten von Absprachen in Gerichtsverfahren bestätigt, rügte aber zugleich in ungewohnt scharfer Form die seit langer Zeit gängige Praxis entgegen dieser gesetzlichen Grundlagen. Eine vom Bundesverfassungsgericht in Auftrag gegebene Studie zur aktuellen Praxis bei Gerichten hat zudem bestätigt, was auch die vier Beschwerdeführer mit der Verfassungsklage deutlich machten. Das Ergebnis der umfassenden Studie war erschreckend und hat die Richter und Richterinnen veranlasst, sehr deutliche Worte zum Alltag vor deutschen Gerichten zu finden und bezeichnete den tatsächlichen Umgang mit Absprachen und "Angeboten" an Angeklagte als Handlungen, die bisher "in erheblichem Umfang" an Recht und Gesetz vorbeigingen. Ein solcher „Handel mit der Gerechtigkeit“ würde gegen den Schuldgrundsatz verstoßen, der von der Garantie der Menschenwürde geschützt sei. So werden Menschen auch zu falschen Geständnissen gedrängt unter dem "Angebot" einer erheblich kleineren Strafe (oder Bewährungsstrafe ohne Gefängnisaufenthalt), was selbstverständlich auch Menschen veranlasst, angebliche Taten einzugestehen, die sie niemals begangen haben. So beklagte auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Pressemitteilung zu dem Urteil ein „bisher nur unzureichend ausgeprägtes Bewusstsein“ bei den Richterinnen und Richtern für Grundsätze in der Urteilsfindung, hier bezüglich der Absprachen, die gerade bei Urteilsfindungen im Rahmen von Absprachen gerade den entscheidenden Kern bildeten, entgegen den gesetzlichen Grundlagen. Eine Androhung von langen Haftstrafen, falls ein (unter Umständen komplett falsches) "Geständnis" nicht erfolgen sollte, ist bei einer ausbleibenden und nach wie vor rechtlich notwendigen Wahrheitsfindung ein totaler Rechtsbruch, den es vor Gerichten in keinem einzigen Fall geben darf. Seit 2009 sind überhaupt Absprachen vor Gericht mit dem eingefügten Teil § 257c StPO in Deutschland gesetzlich geregelt, und seitdem wird sich offenbar kaum an diese gesetzlichen Regelungen gehalten, und was Urteile vor dieser Regelung betrifft, darüber mag man gar nicht nachdenken. Das, was sich die Richterinnen und Richter deutscher Gerichte bei so einer ausufernden Gerichtspraxis nicht klarmachen, ist, dass Fehlurteile nicht einfach "Justizirrtümer" sind, wie es sich so harmlos anhört, die dann mit einem geradezu lächerlichen Tagessatz je Gefängnistag korrigiert werden können. In solchen Fällen einer systematischen, wie auch immer gefälligen Verurteilung ohne rechtlich korrekte Grundlage sind das keine "Irrtümer", sondern bewusst falsche Entscheidungen. Was das juristisch für diejenigen bedeutet, die aus Gefälligkeiten, Machtinteressen oder einfach nur Bequemlichkeit heraus solche Urteile fällen auf Grundlage von falschen Geständnissen, die unter der Androhung heftiger Konsequenzen entstanden, lassen wir an dieser Stelle offen - die gesetzlichen Regelungen zu so einem Handeln sind jedenfalls klar definiert, aber wen interessiert das schon, wenn sich die Gerichte ohnehin „in erheblichem Umfang über die gesetzlichen Regelungen hinwegsetzen“, wie es das Bundesverfassungsgericht formulierte. Weitere Informationen
Gesetzliche Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland im Strafgesetzbuch: Zur gesetzlich geregelten Absprachemöglichkeit seit 2009:
Das Strafgerichtsbuch (StGB) über einige mögliche Straftaten im Zusammenhang mit der Wahrheitsfindung und dem Umgang mit Angeklagten (möglicherweise nicht vollständige Auflistung, ein Zutreffen in konkreten Fällen wird unsererseits natürlich nicht bekräftigt, wir sind keine juristische Beratungsstelle):
Ergänzung vom 11.05.2014: Artikel auf n-tv.de über das Buch "Der Richter und sein Opfer. Wenn die Justiz sich irrt" von Thomas Darnstädt über die Fehler im System. |
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